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Eine Richtschnur für die Selbstprüfung
Nehmet euch alle Mühe und prüfet euch, ob ihr
nichts unterlasset, auf daß ihr am Ende nicht sagen
müsset: ,Da, sieh her, nun habe ich volle zehn bis
zwanzig Jahre hindurch alles getan, was mir die
neue Lehre vorschrieb, und dennoch stehe ich stets
gleich auf einem und demselben Flecke, verspüre
noch immer nichts von einer besonderen
Erleuchtung in mir, und vom sogenannten ewigen
Leben empfinde ich auch noch ganz blutwenig in
mir! Woran fehlt es denn noch?‘
Ich aber sage zu euch darum: Prüfet euch sorgfältig,
ob nicht noch irgend starke weltliche
Vorteilsgedanken euer Herz beschleichen, ob nicht
zeitweiliger Hochmut, eine gewisse, zu überspannte
Sparsamkeit – eine jüngste Schwester des Geizes –,
die Ehrsucht, richterlicher Sinn, Rechthabelust,
fleischlicher Wollustsinn und dergleichen mehreres
euer Herz und somit auch eure Seele
gefangenhalten! Solange das bei dem einen oder dem andern der Fall ist, wird er zu
der Verheißung, das heißt zu ihrer vollen Erfüllung an ihm, nicht gelangen.
Denn betrachtet nur den Most und den reinen, geistvollen Wein in einem Fasse oder
Schlauche! Solange sich grobe und fremde Bestandteile im Moste befinden, wird er
gären und zu keiner Reinheit gelangen, sind aber diese samt und sämtlich einmal
hinausgeschafft, so wird es ruhiger und ruhiger im Fasse, der Most klärt sich und wird
zum reinen, vollgeistigen Weine.
Es wird oft so manchem gar nicht vieles fehlen von der vollen Besitznahme des
Gottesreiches in seiner Seele, und dennoch wird er es nicht einnehmen, weil er sich zu
wenig prüft und nicht acht darauf hat, was etwa noch Irdisches an seiner Seele klebt.
Wird er sich aber sorgfältiger prüfen, so wird er bald finden, daß er entweder noch sehr
empfindlich ist und ihn gar bald eine Kleinigkeit beleidigt.
,Ja‘, sagt da jemand, ,soll ein Mensch denn gar kein Ehrgefühl haben?‘ O ja, sage Ich,
der Mensch kann allerdings ein Ehrgefühl haben, aber das muß von der edelsten Art
sein! Hat dich irgendein noch schwachgeistiger Mensch beleidigt, so werde ihm darum
nicht gram, sondern gehe hin und sage zu ihm: ,Freund, mich kannst du mit nichts
beleidigen; denn ich liebe dich und alle Menschen! Die mir fluchen, die segne ich, und
die mir Übles tun, denen tue ich nach allen meinen Kräften nur Gutes! Aber es ist nicht
fein, daß ein Mensch den andern beleidigt; darum unterlasse das für die Folge zu
deinem höchst eigenen Heile! Denn du könntest bei deiner stets wachsenden
Beleidigungssucht einmal an einen kommen, der dir die Sache sehr übelnähme und dir
dann große und gewiß sehr unliebsame Ungelegenheiten bereiten könnte, und du
müßtest es dann nur dir selbst zuschreiben, daß dir Unangenehmes begegnet ist!‘
Werdet ihr mit einem, der euch beleidigt hat, ohne den geringsten Groll im Herzen
also reden, so habt ihr das edle und göttliche Ehrgefühl in eurem Herzen vollkommen
gerechtfertigt. Sowie ihr aber darob noch so eine Art kleinen Grolles in euch merket
und werdet auf den Menschen bitter und unfreundlich, so ist das noch eine Folge eines
kleinen, in eurer Seele verborgenen Hochmutes, der allein noch lange gut genügt, die
Vereinigung eurer Seelen mit Meinem Lichtgeiste in euch zu verhindern.
Oder es spricht einen von euch mehrere Male ein und derselbe Arme um ein
namhafteres Almosen an. Ihr habet es wohl und könntet dem Armen noch tausendmal
soviel geben, als ihr ihm schon gegeben habt; aber es berührt euch seine gewisserartige
Unverschämtheit bitter, und ihr weiset ihm die Tür mit dem Bedeuten, er solle nicht so
oftmals kommen und denken, daß man ihm allzeit, so oft es ihm einfällt, ein Almosen
verabreichen wird!
Ja sehet, das ist für einen Weltmenschen wohl eine ganz vernünftige Rede, und es
geschieht dem Bettler so eine kleine Zurechtweisung recht; aber derjenige, der dem
Armen also begegnet, ist dennoch noch lange nicht reif zu Meinem Reiche, der Ich
Meine Sonne alle Tage aufgehen und scheinen lasse über gute und böse Menschen und
zum Frommen aller Kreatur.
Derselbe Strahl, der die vergoldeten Paläste der Könige verherrlicht und in der Rebe
den edelsten aller Säfte reinigt, reift und sehr versüßt, leuchtet auch über Pfützen und
Kloaken und ärgert sich nicht an dem Gequake der Frösche und an dem Gezirpe der
Grillen. Eine solche Zurückhaltsamkeit hat hinter sich noch etwas Karges, und die
Kargheit und die zu ökonomische Sparsamkeit ist eben nicht sehr weit vom Geize
entfernt und trübt den Lebensmost der Seele; und solange das noch ununterbrochen
der Fall ist, wird aus der Seele kein reiner und geistvoller Lebenswein.
Wer aber als wohlhabend im Geben nur eine recht große Freude findet und den Armen
gar nicht ansieht darum, daß er ihm schon zu öfteren Malen eine kleine Gabe
verabreicht hat, der ist dann in diesem Punkte schon fähig, in Mein Reich
überzugehen, so er etwa keines andern kleinen Fehlers in seiner Seele gewärtig ist.
Darum sagte Ich zu euch, daß ihr euch stets in allem genau erforschen und euch auf
den Lebensstandpunkt erheben sollet, auf welchem ihr es in euch hell und lebendig
wahrnehmet, daß ihr von allen irdischen Schlacken frei seid.“
(Der Herr:) „,Ja‘, sagt wieder einer von euch bei sich, ,es wäre schon alles recht mit der
Selbstprüfung; aber woher das allzeit richtige Maß des reinen Gefühls und Gewissens?
Der Mensch wächst von der Wiege in die volkssittlichen Gefühle hinein und findet
alles recht, was er als solchen Gefühlen vollkommen Rechnung tragend tut; ja, täte er
denselben zuwider, so vermeinete er eine Sünde zu begehen.‘
Es sei bei einem Volke die Sparsamkeit eine anempfohlene und angepriesene
Hauptsitte und laute: ,Wer in der Jugend und Manneszeit spart, der darf im Alter nicht
darben, und wer da nicht arbeitet und spart, der soll auch nicht essen!‘
Meine lieben Freunde! Diese an sich durchaus nicht unlöblichen Grundsätze sind mir
recht wohl bekannt. Sie können und sollen überall, wo ein Volk in Gemeinden
zusammen lebt, bestehen und aufrechterhalten werden, aber stets im lebensedelsten
Sinne. Damit sie aber nur in solchem Sinne unter den Menschengesellschaften
bestehen und nie unter- und nie übertrieben werden, so muß ihnen ein haltbarer und
sehr verläßlicher Regulator an die Seite gestellt werden. Was aber soll diesen Regulator
abgeben? Nichts und niemand als allein die wahre und reine Nächstenliebe, deren
vernünftiger oberster Grundsatz darin zu bestehen hat, daß man dem Nächsten gerade
alles das von Herzen wünsche und tue, was man natürlich vernünftiger- und
weisermaßen wünschen und wollen kann, daß die andern es auch unsereinem tun und
erweisen möchten.
Wer diesen Grundsatz so recht betrachtet, der wird daraus bald gewahr werden, daß er
wie kein anderer alle Menschen zu einem gewissen Fleiße und auch zur wahren und
lebensedlen Sparsamkeit anspornen wird; denn ist es mir unangenehm, daß ein
anderer an meiner tätigen Seite einen Müßiggänger macht, so soll ich auch an seiner
Seite keinen Müßiggänger machen!
Wird dies ein jeder aus wahrer, lebensedler Nächstenliebe tun, so wird es in einer
Gemeinde bald sehr wenige geben, die man ,Arme‘ nennen könnte. Außer den
Lahmen, Bresthaften, Blinden, Tauben und Aussätzigen wird es wenige mehr geben,
die der Gemeinde zur Last würden; aber die sollen dann wohl mit dem freudigsten
Herzen zuvorkommend verpflegt werden.
Dann wird es in einer Gemeinde einen oder auch mehrere Lehrer geben, die da nicht
Zeit haben, sich mit ihrer Hände Arbeit den Lebensunterhalt zu verschaffen. Diese
sollen denn von der Gemeinde dahin versorgt sein, daß sie nicht nötig haben sollen,
die Zeit, die für den Unterricht eurer Kinder und euer selbst bestimmt ist, mit der
Feldarbeit zuzubringen! Das ist auch ein Akt einer besonderen Nächstenliebe, der hoch
obenan steht. Denn der, der euch allertätigst mit den geistigen und somit wahrsten
Lebensschätzen versorgt, den sollet ihr wohl nicht in seiner leiblichen Sphäre darben
lassen.
Wer aber eine solche Gnade von Mir hat und berufen ist, den Menschen in Meinem
Namen ein Lehrer zu sein, der bedenke aber, daß er die Gnade von Mir umsonst
überkommen hat und sich daher für die Weiterausteilung nicht soll ein Entgelt
bezahlen lassen! Ein echter Lehrer wird auch das, was er von Mir umsonst
überkommen hat, auch umsonst weitergeben. Aber die Beteilten sollen dann aus
wahrer Liebe zu Mir den Lehrer, den Ich zu ihnen gesandt habe, wohl aus ihrem
eigenen Antriebe mit aller Liebe aufnehmen und ihn in keiner Art darben lassen; denn
es versteht sich ja von selbst, daß das, was sie einem Gesandten von Mir tun, also
angesehen wird, als hätten sie es gerade Mir Selbst getan!
Aber was sie da tun, das sollen sie stets mit großer Freude tun, auf daß das Herz des
Lehrers nicht traurig werde ob der Härte der Herzen der Gemeindeglieder, und er sehe
mit freudigem Herzen, wie Mein Wort aus seinem Munde sogleich anfängt, die
edelsten Früchte des wahren, innern Lebens zu tragen.
Ihr sehet nun, daß die wahre, edle und – sage – vernünftige Nächstenliebe für dies
irdische Leben der allerverläßlichste Visierstab ist, um zu erforschen, ob und wie rein
es in der Seele aussieht. Gebrauchet ihn daher vor allem, und ihr werdet davon ehest
die segensreichsten Früchte für die Scheunen des ewigen Lebens im Lichte Meines
Geistes in euch ernten! [GEJ 5.125.1 - GEJ 5.126.9]
„Habt ihr mich auch alle, richtig verstanden?“