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Das Hohelied Salomos 1 und 2 Vers
1 Er küsse mich mit dem
Kusse seines Mundes; denn
deine Liebe ist lieblicher denn
Wein.
2 Dass man deine gute Salbe
rieche; dein Name ist eine
ausgeschüttete Salbe, darum
lieben dich die Mägde.
GEJ 4.170.2] Salomo hat in seinem Hohenliede nichts als nur Mein nunmaliges Sein
prophetisch unter allerlei Bildern, die voll geistiger Entsprechung sind, den Menschen von
Tat zu Tat, von Stellung zu Stellung und von Wirkung zu Wirkung dargestellt. Ich allein
bin sein Gegenstand; der „er“ und der „du“, der „ihm“ und der „dich“ bin alles Ich. Wer
aber aus Salomo spricht mit Mir, ist dessen Geist in der Einzahl, und in der Vielzahl sind es
des Volkes Geister, die sich gewisserart in Salomos Königs- und Herrschgeiste für einen
und denselben Zweck einen und alsonach eine moralische Person darstellen.
[GEJ 4.170.3] Wo es heißt: „Er küsse mich mit dem Kusse seines Mundes“, so heißt das
soviel als: Der Herr rede aus Seinem wahrhaft eigenen Munde zu mir, Salomo, und durch
mich zum Volke Israel und durch dieses zu allen Menschen der Erde; der Herr rede nicht
mehr pur Worte der Weisheit, sondern Worte der Liebe, des Lebens zu mir! Denn ein Wort
der Liebe ist ein wahrer Kuss des Gottesmundes an das Herz des Menschen; und darum
sagt Salomo: „Er (der Herr) küsse mich mit dem Kusse seines Mundes!“
[GEJ 4.170.4] Nun passt dann der Nachsatz schon ganz gut darauf, wo es heißt: „Denn
deine Liebe ist lieblicher denn Wein“, oder: Deine Liebe ist mir und allen Menschen
dienlicher als die Weisheit. Denn unter „Wein“ versteht man allzeit Weisheit und
Wahrheit.
[GEJ 4.170.5] Dass Salomo im ersten Bittsatze, als um das Wort der Liebe bittend, noch in
der dritten Person zu Mir seufzet, bezeichnet, dass er durch die alleinige Weisheit Mir noch
ferne ist; durch die zweite Person im Nachsatze, wo der Grund der Bitte des ersten Satzes
ausgesprochen wird, aber bezeiget Salomo die schon größere Annäherung Gottes auf dem
Wege der Liebe denn auf dem Wege der puren Weisheit. Den Kuss, die Liebe aber, um die
Salomo in seinem Hohenliede gebeten hat, bekommt ihr alle soeben von Mir, und so dürfte
dir, Mein lieber Simon, nun der erste Vers des Hohenliedes wohl schon ein wenig klarer
sein, als er dir zuvor gewesen ist!“
[GEJ 4.170.8] Sagt Simon: „Das wird nun schon offenbar soviel heißen: Herr, so Du mich
aber küssest mit dem Kusse Deines Mundes, so Dein Wort Liebe wird, also eine wahre
Salbe des Lebens, so möge diese Salbe, dies Dein göttliches Liebewort, für die Menschen
alle verständlich sein. Denn man sagt ja schon oft im gewöhnlichen zierlich „riechen“ statt
„verstehen“. Man sagt oft: „Riechest du, wo das hinaus will?‘“oder: „Er hat den Braten
oder die Salbe gerochen!“
[GEJ 4.170.9] Nun bist Du, o Herr, da bei uns, wie auf die Bitte Salomos im ersten Verse!
Wir haben Deinen Namen, Dein heilig Liebewort, das wohl köstlicher ist denn Salomos
pure Weisheit! Wir haben nun die vor uns ausgeschüttete Salbe, Deinen Namen, Deine
Liebe, Dein heilig Lebenswort, allen verständlich, vor uns.
GEJ 4.170.10] Nun, die Mägde, die Dich darum lieben, sind offenbar auch wir, vom
Standpunkte unserer beschränkten Einsicht und Verständnisses aus betrachtet! Denn eine
Magd ist zwar ein lieblich Wesen, ist nicht ganz ohne Einsicht und Verstand, aber von
einer großen männlichen Weisheit kann, wenigstens im allgemeinen angesehen, keine
Rede sein. Daher sind wir offenbar die Mägde, die Dich, o Herr, über alles lieben, weil uns
Dein Liebewort verständlich ist, für uns also eine ausgeschüttete Salbe ist, an deren
köstlichem Geruche wir uns gar wunderbar ergötzen. – Sage mir, o Herr, ob ich denn
wohl nach dem ersten Verse den zweiten richtig aufgefasst habe!“
„Deine Liebe ist mir und allen Menschen dienlicher als die Weisheit.“
Sagte Salomo